25. April 2016
Swissinfo
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Unternehmen in der Direkten Demokratie
Fragen von Olivier Pauchard
Selon vous, le fait que des entreprises privées (des magazines de consommateurs aujourd’hui, le distributeur Denner il y a quelques années) lancent des initiatives représente-t-il un problème?
Prinzipiell setzt sich auch ein Unternehmen aus einer bestimmten Anzahl von Personen zusammen, die eine Volksinitiative lancieren können wie irgendeine andere Gruppe von Menschen. Selbstverständlich denken viele im Falle einer Initiative einer Unternehmung an ein spezifisches Sonderinteresse, was das Anliegen eher belastet statt befördert. Deshalb kommt dies in der Schweiz auch eher selten vor; der Name Denner war in den 80er und 90er Jahren für eine Volksinitiative ja eher eine Hypothek denn ein Bonus.
Ein solches Unterfangen wäre übrigens auch schwierig zu verbieten. Denn die Verantwortlichen der Unternehmung könnten einfach ein Initiativkomitee bilden und sich hinter einem harmlosen Namen verstecken; so könnten sie ein eventuelles Verbot einfach umgehen. - Wenn man schon die Möglichkeiten von Unternehmen einschränkt im Zusammenhang mit der Direkten Demokratie würde ich wie in Frankreich, dort in Bezug auf Wahlen, Firmenspenden an politische Akteure – Parteien oder Initiativ-, beziehungsweise Referendumskomitees verbieten. Doch auch dies ist in der Schweiz kaum durchzusetzen.
Certains estiment que des entreprises privées ne peuvent pas prendre directement part au processus politique, parce qu’elles n’ont aucune représentativité. Mais en quoi une association ou une ONG sont-elles davantage représentatives, puisqu’elles ne représentent finalement que leurs membres et non pas l’ensemble de la population? En d’autres termes, pourquoi la Fédération romande des consommateurs aurait la légitimité pour être un acteur politique, mais pas le magasine «Bon à savoir / K-TIPP»?
Sie haben völlig recht, deshalb habe ich nicht für deren Ausschluss plädiert. Repräsentativ sollte ein Parlamentarier oder eine Partei sein – wobei dies nicht immer einfach zu beweisen ist, vor allem unabhängig von Wahlen. Doch hilft uns dieser Begriff allein nicht weiter. Entscheidend ist nicht die Repräsentativität, sondern wie sehr eine Position dem Allgemeininteresse entspricht und dem Gemeinwohl dient. Da haben es Unternehmungen nicht so einfach; doch deshalb kann man sie nicht aus dem Ideen- und Reformwettbewerb ausschliessen.
Generell vertreten alle Gruppen bestimmte Interessen und bringen sich zur Verteidigung dieser Interessen in die Politik ein, beziehungsweise versuchen entsprechend die Gesetzgebung zu beeinflussen. Das ist beim K-Tipp, Denner, Migros, den Konsumentenschützern oder dem WWF oder einer Anti-AKW-Gruppe oder einer anderen NGO immer gleich, auch wenn die Form und Ziel ihrer Vereinigung unterschiedlich sind. Unterschiedlich ist vielleicht ihr Grad an Übereinstimmung mit dem allgemeinen Interesse, beziehungsweise dem Gemeinwohl. Doch dies ist eine Einschätzungsfrage, teilweise subjektiv unterschiedlich und eignet sich deshalb nicht als Ausschlussargument.
Les grandes organisations (par exemple economiesuisse) ont de plus en plus de peine à fédérer les intérêts de tous leurs membres. Dans ces conditions, ne va-t-on pas voir de plus en plus des entreprises lancer des referendums ou des initiatives?
Diese Frage bringt mich zuerst zur These, dass ein Verband verschiedener Unternehmungen ebenso ausgeschlossen werden müsste als Initiant, wenn man einem einzelnen Unternehmen dies untersagen würde. Auch deswegen ist einfach einzusehen, dass wir uns hiermit in eine Sackgasse begeben würden.
Ich habe auch den Eindruck, dass die economiesuisse je länger desto weniger für die ganze Wirtschaft reden kann. Es könnte durchaus sein, dass einzelne der ihr angeschlossenen Verbände in Zukunft vermehrt ausscheren könnten und auch vor Volksabstimmungen unterschiedliche Positionen vertreten und unterstützen könnten. Selbst die Lancierung einer Volksinitiative wäre durch eine Gruppe von Unternehmern denkbar. Doch dürfte dies eher unwahrscheinlich sein, denn solchen Leuten stehen effizientere Kanäle zum Bundesrat, zur Verwaltung und zum Parlament offen, um ihren Positionen Gehör und Nachachtung zu verschaffen. Solche Unternehmer haben genug Macht und dürften sich deshalb auch in Zukunft eher selten des Instruments der Volksinitiative bedienen.
Dans les procédures de consultation (Vernehmlassungsverfahren), les autorités demandent l’avis de plusieurs organisations ou associations. Mais les autorités n’ont-elles pas tendance à ne consulter que les organisations qui ont la capacité de lancer un referendum et d’ignorer les autres?
An einem Vernehmlassungsverfahren beteiligen können sich sehr viele; ich würde sogar sagen wohl alle, die dies wollen. Und Sie haben Recht, richtig beachtet werden aber nur jene, die sich im Parlament oder per Referendum auch querlegen und opponieren können. Zwar sind auch dies heutzutage viele und deshalb sind Referenden auch nicht immer zu vermeiden. Doch diese Auseinandersetzung ist auch im Vorfeld der parlamentarischen Beratung machtpolitisch durchsetzt und mit einem freien Spiel der Kräfte und einem Überzeugungsprozess zugunsten des besseren Argumentes und des Common Sense nicht gleichzusetzen.
Kontakt mit Andreas Gross
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