3. Okt. 2012
Tages-Anzeiger-Presse
Weltwoche u.a.
|
Ab 2015 mehr Zeit für politische Engagements ausserhalb der Institutionen
Von Fabian Renz
Wie stehen die Chancen, dass Sie 2014 doch noch Europaratspräsident werden könnten?
Momentan nicht gut, die Liberalen scheinen die Reihenfolge der Übernahme des Vorsitzes der Parlamentarischen Versammlung des Europarates mit den Sozialdemokraten nicht abtauschen zu wollen. Heute scheint meine liberale Fraktionspräsidenten-Kollegin Anne Brasseur aus Luxemburg den Vorsitz übernehmen zu wollen und für diesen Fall würde ich sie sogar sehr unterstützen. Damit wäre die Reihe erst im Januar 2016 an den Sozialdemokraten und das wäre für mich zu spät. Denn dies wäre nach den nächsten schweizerischen Parlamentswahlen und dann werde ich nicht mehr kandidieren.
Falls dies noch unklar ist: Wann klärt sich die Frage - und von was und von wem hängt es ab?
Es ist noch nichts klar und alle haben noch mehr als ein Jahr Zeit sich zu entscheiden. Dies sollte spätestens im Dezember 2013 aber geschehen.
Wissen Sie schon, wann Sie als Nationalrat zurücktreten werden?
Weshalb soll ich zurücktreten? Meine Arbeit in der Schweiz und in Europa wird allgemein geschätzt, teilweise sogar ausserordentlich gelobt. Ich möchte nicht mehr kandidieren im Herbst 2015; dies heisst aber nicht, dass ich vorher zurücktreten muss. Es wird ganz im Gegenteil von Gewählten allgemein erwartet, dass sie bis ans Ende der Legislatur ihr Amt erfüllen.
Erlauben Sie mir eine Rückfrage: Werden Sie sich 2015 ganz aus der Politik zurückziehen, oder werden Sie ausserhalb des Nationalrats politisch tätig bleiben?
Ich werde mich ganz sicher nicht vom politischen Engagement zurückziehen. Ich habe noch einige Bücher zu schreiben und werden mit diesen und über diese noch unzählige Diskussionen führen. Ich werde auch noch viele Lehraufträge im In- und Ausland mit Begeisterung erfüllen und für gewisse politische Engagements ausserhalb der Institutionen mehr Zeit und Geduld haben.
Aus diesem Interview wurde folgender Artikel:
Andreas Gross wird 2015 vom politischen Parkett abtreten
Der langjährige Zürcher SP-Nationalrat und Europarat Andreas Gross kündigt seinen Rückzug aus den politischen Institutionen an. Er werde bei den Nationalratswahlen 2015 nicht mehr kandidieren, erklärte Gross gestern Abend auf Anfrage: «24 Jahre sind genug. Ich hätte gerne mehr Zeit für vieles, das heute zu kurz kommt.»
Gross wird damit auf diesen Zeitpunkt hin auch aus dem Europarat ausscheiden. Dort sitzen nur aktive Parlamentarier aus den Mitgliedsstaaten. Ursprünglich hoffte Gross gemäss eigenen Angaben, 2014 Europaratspräsident werden zu können, da dieses Amt turnusgemäss den Sozialdemokraten zufallen sollte. Die Aussicht auf das prestigeträchtige Mandat trug dazu bei, dass die Zürcher SP Gross 2011 für eine sechste Amtszeit im Nationalrat nominierte. Später stellte sich heraus, dass 2014 in Wahrheit die Liberalen Anspruch auf das Präsidium haben.
Gross sagt, er habe «ein falsches Reglement im Kopf gehabt». Zwar sei es bis Dezember 2013 noch möglich, dass sich Liberale und Sozialdemokraten auf einen Abtausch ihrer Präsidialjahre einigten. Doch die Chancen stünden «momentan nicht gut». Die Sozialdemokraten wären erst 2016 an der Reihe. Gross wird dann nicht mehr dazugehören: Er möchte sich seinen Buchprojekten und Lehraufträgen im In- und Ausland widmen, wie er sagt. Die laufende Legislatur will der Politologe, der in den 80er Jahren landesweite Berühmtheit als Armeegegner erlangte, aber zu Ende bringen: Ein vorzeitiger Rücktritt sei kein Thema.
In der Weltwoche lautet die entsprechende Passage:
Er habe sich vor der Nominationsversammlung über den vereinbarten Turnus punkto Präsidium geirrt, sagt Gross gegenüber der Weltwoche. «Ich hatte ein altes Reglement im Kopf.» Dieser Irrtum sei aber bereits seit letztem Herbst bekannt. Von einer Täuschung will Gross nichts wissen. «Ich habe nie gesagt, dass ich sicher Präsident werde, sondern habe das immer nur als möglich bezeichnet.» Diese Möglichkeit bestehe auch jetzt noch. Denn die Reihenfolge für das Präsidium sei trotz früherer Absprache offen und Gegenstand von Gesprächen zwischen den Fraktionen.
Gross könnte im Prinzip zwei Jahre später auf den Präsidentenstuhl des Europarats steigen, wenn die Reihe wirklich an den Sozialdemokraten ist. Doch müsste er dafür zuvor die Wiederwahl in den Nationalrat ein weiteres Mal schaffen, da die Legislatur im Schweizer Parlament 2015 endet. Gross winkt ab. Er kandidiere im Herbst 2015 sicher nicht noch einmal für das Schweizer Parlament.
Die WW wurde auf nachstehende Auslassung ausdrücklich aufmerksam gemacht:
«Wenn Frau Brasseur aus Luxemburg als gegenwärtige Fraktionspräsidentin der Liberalen im Januar 2014 Vorsitzende der Parlamentarischen Versammlung werden will, dann unterstütze ich sie voll. Das habe ich ihr auch bei unserem Gespräch Anfangs September gesagt.»
Kontakt mit Andreas Gross
Nach oben
|