20. Nov. 2007

SP-Info 7/8

Zur Zukunft der SP

2000 Zeichen zur Zukunft der SP. Das wünscht sich der Redaktor von mir. Nein sagen hätte ich als feiges Kneifen empfunden. Und doch entspringt der Zusage natürlich eine unmögliche Aufgabe. Doch ein Anfang ist immer möglich. 2000 Zeichen als erster Schritt, dem andere Genossinnen und Genossen weitere hinzufügen müssen, damit wir uns gemeinsam auf den längeren Weg in eine bessere Zukunft machen können.

Die richtige Therapie beginnt mit einer gründlichen Analyse: Unzureichende Kommunikation, unklare Botschaften, zu wenig Zuspitzung, schlechte Mobilisierung, langweilige Fraktionen, umstrittene SpitzenkandidatInnen, müder Gesamteindruck, keine positiven Identifikationsmöglichkeiten auf keiner der drei Ebenen, brave Gouvernementalität, widrige (Umwelt-)Konjunktur, zu gute Aktienkurse, arroganter Stadtpräsident, wenig ermutigende Regierungsräte, passiver Bundesrat, ausgelaugte Programmatik, strategische Fehler, zu wenig Antworten auf drängende Fragen: Nichts ist ganz falsch, aber nichts von dem reicht aus, um die jüngsten beiden grossen Wahl-Niederlagen und die gegenwärtige Krise der SP zu erklären.

Damit wir wieder eher wissen, was gute sozialdemokratische und die richtige linke Politik ist, müssen wir uns meines Erachtens erst wieder darauf einigen, was wir unter Politik verstehen, noch präziser wir müssen uns bewusst werden, was jeder und jede einzelne von uns in und mit dieser Politik zu tun hat. Bei den grossen Grundwerten herrscht Einigkeit: Gerechtigkeit, Solidarität, Freiheit, Demokratie. Doch was geht dies uns direkt an? Können wir Gerechtigkeit einfach konsumieren? Einzahlen, zuschauen, wählen, eventuell mal eine Unterschrift sammeln unter Initiativen oder Referenden, die von Experten gemacht und von Kommunikationsspezis lanciert werden – reicht dies wirklich? Nein, niemals.

Ich vertrete dagegen immer noch die These: Eine linke Partei ist so stark wie jedes einzelne Mitglied aktiv ist, mitwirkt, mitdenkt, handelt. Passiv kommen wir nicht aus der Krise. Wir müssen uns wieder als Werkstätte, als Labor, als kollektiven Intellektuellen begreifen. Mitglieder sind nicht nur zum zahlen, sammeln, stimmen und wählen da. Wir kommen dann wieder aus dem Loch, wenn wir wieder einander zu hören lernen, diskutieren, gemeinsam klüger werden – das können wir nur, wenn wir unsere Erfahrungen sammeln, ergründen und Auswege gemeinsam erarbeiten. Ich wäre dazu bereit – und Du? Versuchen wir an den kommenden MV’s einen neuen Anfang.

Andi Gross

PS. Weitere Anregungen zu diesem Thema finden sich in meinem Aufsatz zum republikanischen statt konsumatorischen Politikverständnis im Sammelband: Fahrplanwechsel, hrsg. von Gross/Krebs/Lautenschlager/Stohler, Editions le Doubs, 330 Seiten, 25.-. Die französische Ausgabe „Choisir une autre voie“ ist mit zusätzlichen Texten nach den Wahlen ausgestattet und kostet 29.80 (Beide Werke zu beziehen bei Postfach 65, 2882 St-Ursanne)


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