30. Nov. 2015

Berner Zeitung

Ein Bundesrat oder eine Bundesrätin muss auch gegen den Trend überzeugen können und nicht Überzeugungen von Trends und scheinbaren Mehrheiten abhängig machen


Welche Fähigkeiten sollte ein Bundesrat mit bringen?

Grundsätzlich muss er/sie in mindestens vier der wichtigsten sieben po­li­ti­schen Fragen der heutigen Zeit (Energiewende, Verkehrskollaps, Zu­kunft der Sozialversicherungen inkl. Gesundheitswesen, die Stellung der Schweiz in Europa, Krise der Demokratie und der europäischen In­te­gration, Neuverortung der Sicherheit, Integration der multikulturellen Gesellschaft und Zuwanderung) zu Hause sein, sie verstehen und fähig sein, die entsprechenden Probleme und Schwierigkeiten verständlich zu vermitteln und die Bürgerinnen und Bürger von Lösungen zu überzeugen.

Zudem muss er/sie die Entwicklung und Eigenheiten der Schweiz und Europas der vergangenen 30 Jahre a Fonds kennen und die aktuellen Probleme und Auswege in einen historischen Rahmen stellen und ent­sprechend allgemein verständlich den Bürgerinnen und Bürgern ver­mit­teln können.

Zur Voraussetzung, eine konkordante Regierungsform leben und prak­ti­zieren zu wollen, gehört die absolute Respektierung der Europäischen Menschenrechts-Konvention sowie der normativen Grundlagen und Per­spektiven der Bundesverfassung.

Wichtig ist mir auch die Fähigkeit, in die Zukunft und in Alternativen den­ken zu können, Entwicklungsprozesse zu erkennen, sowie die Kunst, Möglichkeiten zu erkennen, die es wahrzunehmen und in Politik umzusetzen gilt.

Mögliche weitere Kriterien sind:
z.B. Fremdsprachen (auch Englisch?)

Deutsch, Französisch und Englisch sind für mich das Minimum.

z.B. Führungserfahrung

Es wäre wünschenswert, wenn der/die KandidatIn grössere öffentliche oder privatwirtschaftliche Verbände, Organisationen schon geleitet hat. Die Leitung eines Unternehmens ist für mich keine Bedingung.

z.B. politische Erfahrung (z.B. als Regierungsrat)

Regierungs- oder stadträtliche Erfahrungen sind positive Beurteilungs-Kriterien, für mich aber keine Bedingung. Erfahrungen zeigen, dass gute Bundesräte keine solchen Erfahrungen hatten; solche mit ent­spre­chenden Erfahrungen aber nicht unbedingt als gute Bundesräte be­zeichnet werden können.

z.B. berufliche Erfahrung

Wünschenswert wären für mich berufliche Erfahrungen auch ausser­halb der Schweiz.

z.B. Ausbildung

Für mich wären Ausbildungen naturwissenschaftlicher, philosophischer und historischer Richtung sehr positiv; wir haben schon zu lange eine zu grosse Dominanz von Bundesräten mit juristischem und öko­no­mi­schem Hintergrund.

z.B. Alter

Nicht entscheidend. Wichtiger ist, dass jemand in den kommenden zehn Jahren aller Voraussicht nach eine hohe Leistungsbereitschaft und Arbeitslast schultern kann und körperlich und geistig dazu fähig scheint.

z.B. mentale und körperliche Robustheit

Sicher, im oben genannten Sinn. Wichtig sind zusätzlich aber auch Empathie, Grundsätzlichkeit, soziale Kompetenz.

z.B. Vernetzung in Bundesbern

Nicht entscheidend. Wenn er/sie gewählt wird, dann verfügt er/sie darüber ausreichend; wenn nicht, dann wird keine Wahl erfolgen.

z.B. Fähigkeit, mehrheitsfähige Vorlagen auszuarbeiten

Das kann man als Kompromissbereitschaft zusammenfassen; sicher wichtig, doch noch wichtiger ist das Bemühen, möglichst viele der ver­schiedenen Anliegen aufnehmen und voraussehen zu können. Dies sollte aber nicht opportunistisch geschehen, sondern im Wissen des­sen, was notwendig und im Interesse der grossen Mehrheit der Schweiz wäre. Er/sie muss bereit sein, die Beteiligten auch gegen den Trend zu überzeugen und nicht seine Überzeugung einfach vom Trend und den scheinbaren Mehrheiten abhängig zu machen.

z.B. Kollegialität

Selbstverständlich, sie beinhaltet auch die Bereitschaft zur Achtung und Wahrung und Weiterentwicklung der Konkordanz, die auch inhaltliche substanzielle Elemente enthalten.


Kontakt mit Andreas Gross



Nach oben

Zurück zur Artikelübersicht