25. Jan. 2014

Redebeitrag an der Basler Tagung der Stiftung «Kulturimpuls Schweiz»

Das Grundeinkommen und das Selbstverständnis der Demokratie


«Grundeinkommen und Demokratie, Japan und CH» -
Die wichtigsten Thesen zur Reflexion und Diskussion


1.
Es gibt nicht das Selbstverständnis der Demokratie. Um ihre Bedeutung müssen wir kämpfen wie um ihre Substanz.

2.
Es gehört zur gegenwärtigen Erosion der Demokratie, dass auch ihr Be­griff banalisiert wird. Deshalb ist die Auseinandersetzung um dessen Substanz ein Teil der Anstrengung der Demokratisierung der Demokra­tie.

3.
Die Demokratie birgt ein substanzielles und ein prozedurales Verspre­chen. Zum letzteren gehört die Chancengleichheit der Menschen bei der Gestaltung der sie betreffenden gemeinsamen Lebensgrund­lagen.

4.
Diese Chancengleichheit bei der Wahrnehmung ihres Grundrechtes Demokratie ist umso wichtiger je direkter und partizipativer – früher hätte man gesagt republikanischer – unser Demokratiebegriff ist.

5.
Jede Demokratie ist unvollendet. Aber die Direkte Demokratie ist etwas weniger unvollendet als die bloss indirekte (elektorale). Sie ist deswe­gen eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Bürger/innen das Selbst- und Zutrauen finden, um die Transnationalisierung der Demokratie (Echte föderalistische europäische Verfassung) zu erzwingen. Das wäre heute der wichtigste Beitrag zur Überwindung der Krise der Demokratie.

6.
Das Grundeinkommen für alle Bürgerinnen und Bürger wäre ein ganz wichtiger Beitrag zur Annäherung an diese Chancengleichheit bei der und für die Wahrnehmung der Volksrechte. Es wäre ein wesentlicher Beitrag zur Reduktion der ungleichen ZEIT-Budgets und der Über­windung der Angst, welche heute kapitalistische Lebens­wirk­lich­keiten fast unvereinbar macht mit einer der fundamentalen Voraussetzungen der Demokratie, nämlich der freien Äusserung der eigenen unbequemen Meinung.

7.
Die Einführung des Grundeinkommens wäre ein wesentlicher Beitrag zur Demokratisierung der Demokratie – und ebenso zur Überwindung der Banalisierung und Erosion der Demokratie.

8.
Ein Hinweis für die kommenden zwei Jahre, in dem es gilt, den Teppich zu legen für eine fruchtbare Debatte vor der Volksabstimmung: Um politisch erfolgreich zu sein, muss eine solche radikale Initiative auch Teilfortschritte nennen, die eine Art Nebenprodukt eines guten Abstimmungsergebnisses wären.

9.
Vergessen Sie nicht: Auch weniger revolutionäre Volksinitiativen brauchten in der Schweizer Geschichte mehrere Anläufe, damit sie realisiert werden konnten. Die Kunst ist, aus mathematischen Niederlagen politische Erfolge zu machen.


Kontakt mit Andreas Gross



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