30. Mai 2011
Basellandschaftliche Zeitung
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Die Schweiz gilt als Erfolgsmodell
Breitenbach. Die direkte Demokratie gilt an einer Podiumsveranstaltung weiterhin als
ideale Staatsform. Allerdings mit Verbesserungspotenzial.
VON JÜRG JEANLOZ
Wo man hinhört, gilt die Schweiz als Hort des Friedens und der Prosperität. Es herrschen tiefe Arbeitslosigkeit, grosser Wohlstand und Zufriedenheit. Die Frage, ob wir das unserer demokratischen Staatsform zu verdanken haben, versuchen die beiden Podiumsteilnehmer Nationalrat Andreas Gross und Kantonsrat Remo Ankli unter der Regie von Gemeinderat Matthias Bertschinger, Nunningen, zu beantworten.
/laquo;Kein leichtes Unterfangen», meint Remo Ankli. Zu Beginn unserer Staatsgründung im 19. Jahrhundert sei die Schweiz von den Liberalen dominiert worden. Sie stellten sogar alle sieben Bundesräte. Die Katholisch-Konservativen hätten um ihre Mitspracherechte kämpfen müssen und erst mit der Einführung der Initiative und des Referendums seien die Machtverhältnisse etwas ausgewogener geworden. «Die Minderheiten in der Schweiz kamen auf gleiche Augenhöhe und damit wurde der Grundstein zur direkten Demokratie gelegt», ergänzt der Historiker. Die katholische Kirche sei aber nicht demokratischer geworden, schmunzelt Ankli.
«Müssen Sorge tragen<»
In seiner Einleitung erinnert sich Andreas Gross gerne an die Region, da sein Vater im Kaltbrunnental eine Fischpacht einlöste und er oft hier zu Gast war. Auf das Podiumsthema eingehend, nennt Gross die direkte Demokratie eine grosse Chance der Schweiz. In allen europäischen Ländern bestünde ein Demokratiedefizit, die Protestbewegungen in Spanien würden das klar untermauern.
«Die Schweizer waren schon immer ein aufmüpfiges Völkchen, das aber voll und ganz hinter seiner Staatsform steht», ergänzt der SP-Nationalrat. Kein Genfer möchte zu Frankreich und kein Tessiner zu Italien, untermauert er seine Aussage. In der Schweiz seien die Lebenschancen gleich verteilt und die Minoritäten angemessen berücksichtigt. «Trotzdem müssen wir zu unserer Demokratie Sorge tragen», ruft er den 35 Gästen im Alterszentrum Bodenacker in Erinnerung. Der Bundesrat kümmere sich wenig darum und sei vielfach sehr zerstritten. Erst mit der Frauenmehrheit hätte sich der Zustand etwas verbessert. Die Zunahme der Initiativen verdeutliche, dass vieles im Argen sei.
Eine Erhöhung der Unterschriftenzahl sei aber ein kompletter Unsinn. «Wir müssen den Bürger vor dem Staat schützen und nicht umgekehrt», ist er überzeugt.
Für Offenlegung der Parteispenden
Wie die Diskussion zeigt, lässt die Minarettinitiative die Wogen wieder hoch gehen. Soll ein Verfassungsgericht solche Initiativen ungültig erklären? «Nein», erklärt Gross, aber in der Abstimmungsbotschaft soll wenigstens auf die erschwerte Umsetzung hingewiesen werden. Ein Votant kann sich nicht verkneifen, die damals von Gross unterstützte Initiative Schweiz ohne Armee auch als unlauter zu bezeichnen.
Ungeachtet dessen doppelt Gross nach. «Ist es menschenrechtlich konform, dass wir 25 Prozent unserer Wohnbevölkerung nicht abstimmen lassen und damit ausgrenzen?» Ebenso geisselt er die Machtverhältnisse der Schweizer Wirtschaft und fordert eine detaillierte Offenlegung der Parteispenden. «Keine Angst», beruhigt er die Zuhörerschaft, «über alle diese Fragen haben Sie immer noch das letzte Wort.»
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