09. Juni 2009
SDA
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Gross: Überzeugte Europäer müssen zu Defiziten der EU stehen
Der Vormarsch der national-konservativen Kräfte im neuen EU-Parlament ist für den Politikwissenschaftler Andreas Gross «keine gute Perspektive für die Zukunft der EU». Überzeugte Europäer müssten sich zusammenraufen und endlich die Schwächen der Gestalt der EU thematisieren. Im Wahlkampf sei aber überhaupt nicht über die Zukunft der Europäischen Union (EU) gestritten worden. «Die Trumpfkarte Demokratie kann man den National-Konservativen aber nicht nehmen, wenn man nicht bereit ist, über die Demokratisierung der EU zu sprechen», sagte der Schweizer Parlamentarier und Fraktionschef der Sozialdemokraten im Europarat in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur SDA.
Den EU-Befürwortern sei es nicht gelungen, im Wahlkampf Reformperspektiven - und damit verbunden mehr Demokratisierung und mehr Föderalisierung - aufzuzeigen. Dies erkläre sowohl die relativ hohe Wahlabstinenz, als auch den Vormarsch von Parteien und Tendenzen, die keine Stärkung der EU wünschten.
Die EU sei in ihrer Gestalt aber sehr unvollkommen und demokratiepolitisch unausgereift. Als Beispiele nannte der Zürcher SP-National- und Europarat das fehlende Gesetzesinitiativrecht des EU-Parlamentes, oder die EU-Kommission, die «nicht gänzlich die Konsequenz des Wahlentscheides der Bürgerinnen und Bürger ist». Die EU habe Reformbedarf, doch bei solchen Themen fehle es den überzeugten Pro-Europäer an Mut und Entschlossenheit.
Stattdessen seien die Urnengänge zur Bestellung des Europaparlamentes zu nationalen Ersatzwahlen verkommen. Als einzige Partei hätten die Grünen in Frankreich unter Daniel Cohn-Bendit die Wiederwahl von EU-Kommissionpräsident José Manuel Barroso als eines der zentralen Europathemen ins Zentrum des Wahlkampfes gestellt, damit kräftig Stimmen geholt und gar die Sozialistische Partei fast eingeholt.
Für Gross ist eine Demokratisierung der EU zentral: Angesichts eines transnationalen Marktes könne der Staat die Demokratie gar nicht verteidigen. Demokratie müsse deshalb ebenfalls auf eine transnationale Ebene gebracht und föderalistisch verfasst werden. Nur so könne das Primat der Politik über den Markt wieder hergestellt werden, ist Gross überzeugt.
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