03. Sept. 2008

sda

EU-Kommission: Serbien könnte 2009 EU-Beitrittskandidat werden
Beobachter Andreas Gross kritisiert Defizite bei Demokratie

Brüssel/Bern (sda/afp/dpa) Serbien kann nach Ansicht von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso möglicherweise bereits 2009 Kandidat für einen Beitritt zur Europäischen Union werden.

«Wenn alle Bedingungen erfüllt sind, wird es möglich sein, Serbien 2009 den Kandidatenstatus zu geben», sagte Barroso am Mittwoch nach einem Treffen mit einer ranghohen serbischen Delegation unter Leitung von Präsident Boris Tadic.

Die EU und Serbien hatten im April ein Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen unterzeichnet, das als erster Schritt für die von Tadic angestrebte EU-Mitgliedschaft gilt. Die EU-Staaten wollen das Abkommen jedoch erst in Kraft setzen, wenn der Chefankläger des UNO-Tribunals, Serge Brammertz, bestätigt, dass Belgrad vollständig mit dem Gericht zusammenarbeitet. Nach der Überstellung von Radovan Karadzic nach Den Haag ist der wichtigste mutmassliche Kriegsverbrecher, nach dem noch gefahndet wird, der serbische Ex-General Ratko Mladic. «Wir tun alles Mögliche, um Mladic zu finden. Am Tag, nachdem wir ihn gefunden haben, werden wir ihn ausliefern», sagte Tadic.

Europarat prüft Serbien

Einen «weiteren Schritt auf dem Weg nach Europa» erhofft sich Europarats-Beobachter Andreas Gross nach einem zweitägigen Besuch in Belgrad. Der Zürcher SP-Nationalrat habe dabei zwar Defizite bei Justiz und Demokratie festgestellt, doch auch Bereitschaft der neuen, europafreundlichen Regierung, diese zu beheben. Noch immer sei die Justiz zu wenig unabhängig, sagte Gross der Nachrichtenagentur SDA. Auf der Reise erstellte er zusammen mit dem luxemburgischen Ko-Berichterstatter Charles Goerens einen Bericht, welche Verpflichtungen Serbien gegenüber dem Europarat noch einlösen muss.

«Serbien hat ein schlechtes Parlamentsgesetz», sagte Gross. Durch eine Flut von Ordnungsanträgen könne die Opposition die Mehrheit hindern, Gesetze zu erlassen und lege so das Parlament lahm.

Auch beim Wahlrecht bestehe Verbesserungsbedarf: Da nach den Wahlen der Parteichef die Mandate an ihm genehme Kandidaten verteilen darf, würden die Parlamentarier zu Mitläufern degradiert. «Die Macht konzentriert sich damit auf wenige Parteichefs, was schlecht für die Demokratie ist», sagte Gross.

Vorschläge zur Verbesserung

Bei den Gesprächen mit der Parlamentspräsidentin, den Fraktionschefs und Ministern sei beschlossen worden, dass der Europarat Serbien ein Mustergesetz fürs Parlament und Vorschläge für Änderungen des Wahlrechts ausarbeitet. Die Gesprächspartner haben diese Massnahmen laut Gross sehr offen aufgenommen.

Der Bericht von Gross und Goerens soll Ende September im Europarat diskutiert werden. Wird ihm zugestimmt, erhält er für Serbien verbindlichen Charakter. Da bei den Parlaments- und Präsidentenwahlen im Frühling die europafreundlichen Parteien die Regierung übernahmen, musste der Bericht, der bereits im Winter 2007 hätte präsentiert werden sollen, nochmals aufdatiert werden.


Kontakt mit Andreas Gross



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