August 2007

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Rubrik: Sprechblase

Ist die Zukunft konservativ, Andi Gross?

Interview: Hartmuth Attenhofer

Zürich kehrt zurück zu Rüebli-RS und «Handsgi». Ist das ein konservativer Trend?

In Baselland war ich der erste Bub, der einen Kochkurs absolvierte, neben Kartonage. Ernsthaft: Ein konservativer Trend ist damit nicht auszumachen. Im Gegenteil. Die Fächervielfalt ist Ausdruck für eine moderne Gesellschaft.

Kuchenbacken und Basteln ist also nicht konservativ ...

Was heisst konservativ? Die FDP wirft uns dies vor, dabei verteidigen wir ja «nur» die guten gesellschaftlichen Errungenschaften. Die Direkte Demokratie ist über 100 Jahre alt; sie zu verteidigen, zu erhalten, mag als konservativ gelten, ist aber dringend nötig. Wache Geister in Europa nehmen unsere direkte Demokratie mit der feinen Machtverteilung auf drei politischen Ebenen nicht als konservativ wahr, sondern als modern und lehrreich.

Deutschlands CDU-Innenminister Schäuble hat aber wie sein SPD-Vorgänger Schily nicht viel von uns gelernt. Hat deren Konservativismus Zukunft?

Schäubles Kampf gegen den Terror ist nicht konservativ, sondern autoritär. Regierungen laufen gerne Gefahr, autoritär zu handeln. Das ist auch bei uns so. Es fehlt die öffentliche Debatte, um Bedrohungslagen oder Entwicklungen richtig einordnen zu können. Die Medien bolzen Einschaltquoten und Auflagezahlen. Dabei geht die Diskussion und damit die Erkenntnisfähigkeit verloren, die es zur echten Problemlösung braucht.

Erklärt das auch den Fundamentalismus?

Hier ist tatsächlich eine Tendenz auszumachen: Bei US-Präsident Bush wie bei Papst Benedikt XVI. Beide verkennen die Pluralität von Gesellschaft, Politik und Staatsordnungen. Die Menschheit ist aber keine Einheit, sondern hat das Recht, in verschiedenen Modellen zu leben.

Ja, auch mit schlechten, ...

... die aber keine grosse Zukunft haben. Autoritäre, reaktionäre Modelle werden langsam aber sicher durch freiheitliche, auf die Betroffenen Rücksicht nehmende Modelle abgelöst. Unsere schweizerischen Erfahrungen mit der Direkten Demokratie sind für Viele Vorbild. Das hat Zukunft.


Andreas Gross ist Politikwissenschafter, Leiter des Ateliers für Direkte Demokratie in Ursanne. Er ist Mitglied des National- und des Europarats.


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