26.09.2002

AS(2002)CR31
Protokoll ER

Wahlen als Beitrag zur Findung
des inneren Friedens in Aserbaidschan


GROSS (Schweiz). Danke, Herr Präsident. Meine Damen und Herren! Sie haben einen sehr ausführlichen Resolutionsentwurf vor sich. Wir reden über ein Land, das sehr schwierig zu beurteilen ist. Sie haben vorher davon vielleicht einen Eindruck bekommen. Ich könnte zusammenfassend sagen: Das Land hat einen Waffenstillstand hinter sich, aber es hat noch keinen Frieden gefunden. Das betrifft den inneren wie den äusseren Frieden.

Das Land befindet sich mental und subjektiv nicht im Frieden mit seinen Nachbarn. Nach innen ist es so zerstritten, dass es auch zwischen der Opposition und der Regierung keinen Frieden im eigentlichen demokratischen Sinne gibt.

Wir haben das gewusst, als wir vor mehr als zwei Jahren in der Versammlung und vor anderthalb Jahren offiziell im Rat Aserbaidschan in den Europarat aufgenommen haben. Wir haben gehofft, diese Aufnahme werde die innere und die äussere Integration und den demokratischen Fortschritt als Methode dazu sowie den inneren und äusseren Frieden fördern.

Das ist sehr wahrscheinlich eine Hoffnung gewesen, die sich zumindest nicht in dem Masse, wie einige von uns geglaubt haben, erfüllt hat.

Ich persönlich muss feststellen, dass der demokratische Fortschritt, das Land nach innen zu integrieren und nach aussen Frieden zu finden, aus verschiedenen Gründen zu langsam vorangekommen ist. Darüber, aus welchen Gründen das zu langsam vor sich gegangen ist, kann man lange streiten.

Die Demokratie ist viel mehr als ein Zählname, als eine Technik zur Findung einer Mehrheit. Die Demokratie bemisst sich beispielsweise an der Freiheit der Opposition, derjenigen, die nicht zur Mehrheit gehören. Hier zeigt sich, wie demokratisch ein Land ist.

ln Aserbaidschan gibt es viele, die im Gefängnis sitzen. Die Gefängnisinsassen sind ein Symbol für den nicht gefundenen inneren Frieden. Der Bürgerkrieg, der zwischen 1990 und 1992 tobte - man kann darüber streiten, wann er formell zu Ende war -, ist noch nicht verarbeitet. Das Land ist mit sich selber nicht versöhnt. Deshalb gibt es so viele politische Gefangene.

Wenn es irgend welche Konflikte in den Städten gibt, ob aus sozialen oder religiösen Gründen - Konflikte sind die natürlichen Kinder der Freiheit. Je besser die Demokratie funktioniert, desto eher entsteht aus den Konflikten keine Gewalt -, kommt es immer wieder zu massiven Konfrontationen.

Ein weiterer Funkt ist das Referendum vom 24. August als der Präsident innerhalb von zwei Monaten beschloss, über 39 Verfassungsänderungen in einem einzigen Aufwasch abstimmen zu lassen. Das war kein Beitrag zur demokratischen Integration, weil das sie Legitimität der Macht nicht stärkte. Entscheidend ist die Fairness der Verfahren. Bei einem solchen Referendum ist entscheidend, ob es einen Beitrag zur Integration und Legitimität leistet.

Im Bericht wird das in extenso ausgeführt. Ich persönlich meine, wir sollten uns darauf konzentrieren, dass der Machtwechsel so vor sich gehen muss - der entscheidende Punkt sind die Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr -, dass die Opposition den Sieger, wer auch immer es sein wird, anerkennt.

Darauf sollten wir unsere Anstrengungen konzentrieren. Ich verstehe diesen Bericht als Beitrag zur Findung der inneren Versöhnung, welche nächsten Herbst bei den Wahlen einen symbolischen Ausdruck finden wird. (Beifall).

Andreas Gross

 

Nach oben

 

Zurück zur Artikelübersicht