24.09.2002
AS(2002)CR27
Bericht der 27. Sitzung
Protokoll Europarat
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Die EU hat die Tiefe - der ER hat die Breite
GROSS (Schweiz). - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Namen der sozialdemokratischen Fraktion möchte ich Herrn Prisacaru für die Gelegenheit danken, uns über die unterschiedliche Bedeutung und Funktion der drei Institutionen hinsichtlich eines ursprünglich wortgleichen Zieles auszusprechen: dem Aufbau eines Europas, das sich als Kontinent, als Raum der Sicherheit, des Friedens und der Demokratie versteht.
Um die unterschiedlichen Rollen zu verstehen, gibt es, so glaube ich, nichts Besseres als die Geschichte heranzuziehen. Der Kalte Krieg hat verhindert was der Europarat ursprünglich wollte, nämlich die Teilung der Souveränität, dem ganzen Kontinent Sicherheit und Demokratie zu ermöglichen und auf dem ganzen Kontinent ein Politikverständnis aufzubauen, das auf der Souveränität der Bürgerinnen und Bürger fusst. Die Europäische Union rettete die Teilung der Souveränität, aber nur für die privilegierten Teile Europas. Der Europarat hat das Symbol dessen gerettet, was er ursprünglich wollte und 1953 eintrat: Die Europäische Menschenrechtskonvention war eine unglaubliche Errungenschaft Danach kann jeder Bürger seinen Staat vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof anklagen, wenn er die Einhaltung der Menschenrechte nicht gewährleistet.
Heute, zwölf Jahre nach Ende des Kalten Krieges. hat die Europäische Union die Tiefe und der Europarat die Weite. Aber es gibt eine riesige Kluft: Diejenigen, die während dieser 50 Jahre das Pech hatten, nicht frei sein zu können, haben bestimmte Lernprozesse nicht auf sich nehmen können. Auch der privilegierte Teil Europas hatte die Tendenz, den nicht privilegierten teil zu vergessen und - das gilt für alle von uns -ein Politikverständnis zu akzeptieren, das die Demokratie eigentlich schwächt. Die OSZE ist eine Organisation, die vor allem auf Regierungshandeln und Krisenmanagement beruht. Der Europarat ist diejenige Institution, die präventiv die strukturellen Voraussetzungen zu schaffen versucht, um die Krisen, für die es die OSZE braucht, gar nicht entstehen zu lassen. Die Europäische Union hat zwar die notwendige Tiefe für einen privilegierten Teil erreicht, aber sie hat immer noch nicht erreicht. was der Europarat ursprünglich für alle wollte: eine Verfassung der Demokratie auch auf transnationaler Ebene. Die Globalisierung in den letzten 15 Jahren hat gezeigt - die Menschen haben In der Zeit nach dem Krieg geglaubt. dass der Nationalstaat nicht mehr die entscheidende Einheit für die gute Organisation unseres Zusammenleben sein kann dass es ganz wichtig ist, dass die Demokratie auf der gleichen Höhe steht wie der Markt, um dem Markt soziale, menschenrechtliche und ökologische Grenzen setzen zu können.
Wenn man dieses Bild aus der Geschichte darstellt, ist klar, was passieren wird: Letztlich wollen in 40 oder 50 Jahren. vielleicht mit Ausnahme eines Staates. alle auf die gleiche Tiefe wie die Europäische Union kommen mit der gleichen Breite, wie sie der Europarat heute hat; sie wollen aber auch die transnationale Demokratie, die die Bürger eben nicht nur als Konsumenten der Politik sieht, sondern auch als Akteure. Nur dann hat die Politik die Legitimität und die Stärke, derer es bedarf, um der Ökonomie sozialverträgliche und menschenrechtsverträgliche Grenzen setzen zu können. Das zeigt, was der Europarat. was die EU beitragen kann. Das zeigt vor allem, was die OSZE - die Regierungen alleine ohne die Parlamentarier und die Bürger nicht tun kann. Wir sollten allen immer wieder bewusst machen. dass es alle braucht, aber jeder seinen spezifischen Beitrag leisten kann. - Vielen Dank. (Beifall)
Andreas Gross
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