21.05.2002
Thesenpapier für einen Vortrag an der Uni Fribourg
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Föderalisierung Europas - Integration der Schweiz
Das Europa der Zukunft und die Schweiz
1. Die Schweiz verwirklichte eine der grossen politischen Utopien des 19. Jahrhunderts - die EU eine derjenigen des 20. Jhdt.: Damit beide im 21. Jahrhundert ihre Errungenschaften erhalten, vertiefen und stärken können, müssen sie voneinander lernen und die Stärken des Anderen mit den eigenen verknüpfen.
2. Die unterschiedliche kollektive Erfahrung des 2. Weltkrieg trennte die Schweiz von den Pionieren der Europäische Integration; die Erfahrung ihrer eigenen Relativität angesichts der wirtschaftlichen Globalisierung kann sie sie wieder finden lassen.
3. Denn die Europäische Union benötigt nicht nur ein stärkeres demokratisches Fundament, sondern die Demokratie bedarf angesichts der Globalisierung der Märkte zur Verhinderung ihrer substanziellen Erosion auch der transnationalen Konstitution.
4. Die schweizerische Verfassungsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts ist voller Anregungen für die neue Verfassungsentwicklung der EU im 21. Jahrhundert. Dies betrifft vor allem:
- Die Integration von Vielfalt ohne deren Gefährdung;
- Die Konstitution einer neuen Einheit ohne die Aufgabe der alten;
- Den Wert demokratischer Zumutungen;
- Ungleichheit ist kein Hindernis für Integration;
- Die integrativen Potentiale von Deliberation und Kommunikation;
- Die Möglichkeiten, wie neue politische Identitäten gewaltlos geschaffen und vertieft werden können;
- Dass Volkssouveränität mehr ist als Delegation und Reduktion.
5. Jede europäische Gesellschaft birgt Errungenschaften und kulturelle Erfahrungen in sich, die sie in den europäischen Verfassungsprozess einbringen sollten. Wenn alle ihr bestes im Gemeinsamen wieder erkennen können, schaffen alle die besten Voraussetzungen für die Integration der BürgerInnen.
6. Der Prozess der europäischen Verfassungsgebung wird länger dauern als bis 2004. Doch auch nach dessen vorläufigem Ende sollte auch auf europäischer Ebene die Demokratisierung und Föderalisierung als nie abgeschlossener Prozess verstanden und gestaltet werden.
7. Je schneller und je feiner sich die EU demokratisiert und föderalisiert, desto eher vermögen wir in der Schweiz die notwendigen doppelten Mehrheiten für die europäische Integration der Schweiz zu finden. An beiden Orten können wir bereits heute viel dafür tun.
Andreas Gross
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