23.03.2014
Protokoll Europarat
(Dok. 13462)
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Man kann nicht offen und solidarisch anderen gegenüber sein, wenn man der eigenen Bevölkerung diese Offenheit und Solidarität verwehrt
Andreas GROSS, Schweiz, SOC:
Danke vielmals, Herr Präsident,
meine Damen und Herren!
Auch ich möchte, auch im Namen der Sozialdemokraten, Herrn Chope für diesen Bericht herzlich danken. Er hat völlig Recht, und deshalb gibt es auch keine Abänderungsanträge. Ich freue mich feststellen zu können, dass in diesem Fall auch die Schweiz dazugelernt hat und es jetzt endlich Flüchtlingen, vor allem aber auch Asylbewerbern, gesetzlich erleichtert wird, arbeiten zu können. Wie wir heute auch gesehen haben, ist Arbeit der erfolgreichste Weg zur Integration.
Doch einen Vorwurf muss ich Ihnen machen, Herr Chope: Gestern haben Sie einige Änderungsanträge zu dem ausgezeichneten Bericht unseres christlich-sozialen Kollegen Deseyn aus Belgien gestellt. Diese betrafen Thesen, die genau erklären, weshalb wir in unseren Ländern eben solche Schwierigkeiten haben, für Ihren heutigen Bericht eine Mehrheit zu finden.
Es wird ja immer das Argument vorgeschoben, das eigene Land dürfe nicht attraktiv für Flüchtlinge bzw. Asylbewerber sein, weil sonst zu viele von ihnen kämen. Der eigentliche Grund, aus dem diese falsche Position zu Hause eine große Mehrheit hat, ist jedoch die Tatsache, dass auch die Einheimischen um ihren Arbeitsplatz fürchten und deshalb nicht wollen, dass den Flüchtlingen erlaubt wird, in größerem Umfang zu arbeiten.
Diese Besorgnis der Menschen, keine Arbeit finden zu können, von der sie gut leben können, haben Sie gestern bestritten und Abänderungsanträge gestellt, die zum Glück abgelehnt wurden. Die schönste deutsche Übersetzung für «decent work for all» ist: Eine Arbeit, von der alle leben können und in der sie Erfüllung finden.
Wegen dieser Angst finden jene Parteien große Zustimmung, die uns daran hindern, gegenüber den Flüchtlingen und Asylbewerbern jene Maßnahmen zu ergreifen, die Sie mit Recht in ihrem Bericht vorschlagen. Deshalb ist der Bericht von gestern mit Ihrem heutigen Bericht zusammen zu sehen: Nur wenn wir in unseren Ländern allen Einheimischen die Arbeit sichern und ihnen versichern können, dass sie auch in Zukunft, trotz Krise und Globalisierung, eine Arbeit finden werden, von der sie leben können und in der sie Erfüllung finden, finden wir zu Hause im Parlament und in der Bevölkerung eine Mehrheit für Ihre offene, solidarische Flüchtlings- und Asylbewerberpolitik.
Man kann nicht offen und solidarisch anderen gegenüber sein, wenn man der eigenen Bevölkerung diese Offenheit und Solidarität verwehrt. Auf diesen Zusammenhang möchte ich Sie aufmerksam machen und Sie bitten, selbstkritisch zu reflektieren, ob Sie nicht gestern in einer Art gestimmt haben, die uns daran hindert, das, was Sie heute vorschlagen, auch zu Hause zu realisieren und mehrheitsfähig zu machen.
Vielen Dank.
Kontakt mit Andreas Gross
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