20. Feb. 2014

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SP Solothurn

Hier gehen wir gemeinsam an, was keiner alleine erreichen kann: Politische Einsichten gewinnen und Handlungsgrundlagen schaffen


Die Willi Ritschard Bildungswerkstatt (WRB) wurde 2013 dank deiner Initiative und einem Kernteam für Solothurnerinnen und Solothurner gegründet. Warum eigentlich Solothurn? Was verbindet dich mit unserem Kanton?

Als Baselbieter aus Reinach bin ich etwa fünf Kilometer von der solothurner Grenze aufgewachsen, sah täglich das Goetheanum in Dornach und hörte jeden Abend vor dem Einschlafen den Zug von Basel nach Delemont, in Münchenstein vorbeifahrend. Die Ruine des Schloss Dorneck gehörte zu meinen Lieblingsetappen auf den Velotouren.

Auf die Idee, dass wir in Solothurn einen solche politische Bildungs­werkstatt aufbauen könnten, kam in Gerlafingen an einer gewerkschaft­lichen Diskussionsversammlung während des Abstimmungs­kampfs zu den Bilateralen Verträgen von vor zehn Jahren, als deutlich wurde, wie sehr sich viele Kollegen überfordert fühlten von einem solch komplexen Thema. Damals schon reagierte Roberto Zanetti, der dabei war beim anschliessenden Bier, sehr positiv.

Schliesslich lernte ich vor zwei Jahren über Familienbande einen Stadt­solothurner Unternehmer kennen, der mir sagte, er wolle 5000 Franken für die SP einsetzen und mich fragte, wie er dies am effizientesten tun könnte. Da antwortete ich ihm, dass wir mit einem solchen Zuschuss die Grundlage einer Bildungswerkstatt am Jurasüdfuss schaffen könnten. Ich versprach ihm, mich dafür und darin persönlich voll zu engagieren, was ihn überzeugt hat. Und schliesslich war Willi Ritschard, der wie kein Anderer in den 1960er und 197oer Jahren den Wert der politischen Bildungsarbeit ebenso personifiziert wie immer wieder auch thematisiert hat, ein Solothurner Genosse, der ohne diese seine Bildungsanstrengungen nie ein so überzeugender Bundesrat geworden wäre.

In den ersten Werkstätten 2013 in Grenchen und Olten wurde mit den Themen «Was ist Politik?» und «Demokratie» gearbeitet. Wie gross war das Interesse und wie beurteilst du die Ergebnisse?

Das Interesse war in jeder Beziehung ermutigend. Jene, die dabei waren, zeigten sich sehr positiv überrascht, waren teilweise sogar begeistert. Es wird einiges gelesen, viel diskutiert und noch mehr nachgedacht. Einige sagten mir, dass ihnen in diesen Diskussionen, bei denen – da achte ich sehr darauf – alle zur Sprache kommen können, einige Lichter aufgegangen seien. Unsere politische Bildungsarbeit soll grundlegende Einsichten und Einblicke vermitteln, welche zum politischen Engagement ermutigen und dieses bereichern. Es soll zeigen und illustrieren, wie gemeinsames politisches Handeln Freude macht, ebenso Lust auf mehr und zu einem erfüllten Leben gehört wie die Farbe zur Malerei oder die Fantasie zur Kunst.

Kannst du etwas über dein Motiv erzählen, warum du den Bürgerinnen und Bürgern politische Bildung näher bringen möchtest?

Wir alle wissen, wie sehr es sehr vielen unter uns an politischer Orientierung mangelt. Vielen finden sich politisch nicht mehr zurecht. Sie fühlen sich angesichts der Unmenge an Informationen, Problemen und Widersprüchen überfordert und trauen Politikern, Parteien und vielleicht gar niemandem mehr richtig über den Weg. In dieser sumpfigen und windigen Atmosphäre gilt es, neue Fundamente zu bauen, die einen auch durch schwierige Zeiten tragen, Handlungs­per­spek­tiven aufzeigen und vor allem wieder das Vertrauen in die eigenen Handlungsmöglichkeiten verschaffen. Es braucht dafür einige wenige Grundeinsichten, die durchaus zu bauen und tragfähig sind. Wenn diese aber fehlen, dann nutzen alle Kampagnen-Gelder und Massen-Mobilisierungen nichts. Deshalb bedaure ich, dass die SP die politischen Grundlagen-Bildungsanstrengungen aufgegeben hat. Mit der WRB wollte ich in Solothurn an einer kleinen Alternative arbeiten, die auch über den Kanton hinaus glänzen und zu weiteren entsprechenden Anstrengungen ermutigen kann.

Mit welchen Themen und Referenten soll in diesem Jahr gearbeitet werden und warum sollen sich die Menschen damit auseinander­setzen?

Verschiedene Autorinnen und Autoren, unterschiedliche Grundlagen und Perspektiven holen wir uns mit verschiedenen grundlegenden und dennoch verständlichen Texten. Wir erschliessen sie uns in intensiven Gesprächen und eignen uns das Wesentliche durch die Diskussion an. Nachdem wir uns erst mit dem Wesentlichen der Politik und der Demo­kra­tie überhaupt auseinandergesetzt haben – im Detail nachzulesen und nachzuvollziehen auf der Seite WRB von www.atelierdd.ch - widmen wir uns 2014 Europa, der Freiheit und der Frage, was früher unter «Links» und «Linkssein» verstanden worden ist und was heute darunter verstanden wird. 2015 wird es dann mit der Gerechtigkeit und der Solidarität weitergehen.

Welches Ziel verfolgt die WRB mit den Werkstätten? Und was hat Willi Ritschard damit zu tun?

Wie gesagt, Willi Ritschard war ein Kind der politischen Bildung, wie sie seit den 1930er Jahren der zweite SP-Bundesrat der Schweiz, Max Weber, eingerichtet und am Leben erhalten hat. Ritschard blieb sein Leben lang dem Motto «Bildung macht frei» treu, lebte und verkörperte es, versuchte auch, andere dazu zu motivieren und zeigte, wie weit man damit auch ohne Matur oder Studium kommen kann.

Ritschard war der letzte Arbeiter-Bundesrat. Politische Bildung ist Arbeit und gearbeitet wird am besten in Werkstätten, wo wir gemeinsam angehen, was keiner alleine schaffen kann: Politische Einsichten gewinnen und Handlungsgrundlagen schaffen, die begeistern und Lust machen auf politisches Handeln. Das ist etwas ganz Kostbares und Seltenes – etwas mehr davon würde der SP und uns allen ausgesprochen gut tun. Wie sehr, das hat der 9. Februar 2014 in trauriger Deutlichkeit illustriert.


Kontakt mit Andreas Gross



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