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2007 2008 2009 2010 Jan Feb Mar Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Burrus, Basel, Bern, Bahnhofbuffet und Biel: Vom Burrus-Schluss zu Boncourt, über die Basler Kunsthallle ins Zürcher Neumarkt, zum Bundesberner Medienhaus und zum Aufstieg von Biel in die Taubenlochschlucht 27. - 31. August 2007 In der letzten Augustwoche begannen wir zu ernten, wofür wir sechs Monate lang gearbeitet haben. Diese Woche wurde auch zum Abschluss eines schönen kanadischen Augustes und ein gelungener Wiedereinstieg in die engeren schweizerischen Polithorizonte. Zu Beginn zwei schöne, freilich in Folge Jetlags fast schlaflose staatspolitische Kommissionssitzungstage im Jura. Für mehr als die Hälfte der Deutschschweizer Kolleginnen und Kollegen war es ebenso ein erstmaliger Besuch wie für die Genfer Kollegin. Wir begannen im schmucken Delsberger Stadthaus – im gleichen Saal, wo wir 1990 das Jahr nach dem GSoA-Abstimmungs-Erfolg begonnen hatten und machten eine erste Pause mit dem Besuch in der benachbarten Sackmesserfabrik Wenger, welche das «Swiss Army Knife» in den USA zu einer Marke machte, die dort fast so bekannt ist wie Coca Cola! Abends ein fruchtbares Abendessen mit dem jurassischen Regierungspräsidenten im wohl schönsten Schloss des Juras, in Boncourt, dem alten Sitz des Zigarettenbarons, fast ein Golfplatz ohne Golf, wo der Rasenmäher nie aufhören kann und immer wieder neu beginnen muss. (Auch wenn das die Nachbarn unnötig mit Lärm belästigt und ärgert – d.S.). Sogar politisch wurde die Sitzung ein Erfolg: Allgemeine Volksinitiative gebodigt. Ebenso Finanzreferendum, Parteienspotts in TV und Radio vor Abstimmungen fast einstimmig verabschiedet, Integrationsgesetz zusammen mit der FDP gegen Blocher in Auftrag gegeben. Ueberhaupt Blocher. Er kam mit dem Mercedes und ging mit dem Helikopter. Da wussten auch wir noch nichts vom Geheimplan Mörgelis. Doch das Buch kündigte ich ihm an und sagte bloss, etwas Ungeheimeres gebe es wohl nicht als ein Buch, das bereits im Februar mit Autorenverzeichnis angekündigt worden ist. Le Temps-Chefredaktor Roth kommentierte den Mörgeli-Plan mit dem Satz, auf den man in der deutschschweizerischen Presse bis heute wartet: «Wenn Lächerlichkeit töten könnte, wäre diese Partei schon lange tot». Aufgeregt hat sich aber auch der SVP-Wahlkampfleiter des Welschlandes, der Neuenburger Nationalrat Yves Perrin. Er bestätigte uns beim Besuch der beeindruckenden Uhrenmacherlehrlingsschule in Pruntrut, dass dies eine – so ergänzte ich: von Blocher massgeblich finanzierte - Solo-Aktion von Mörgeli ist, der dazu auch den Partei- und Fraktionspräsidenten instrumentalisieren darf, deren lächerliche Aussagen Perrin sichtlich mehr als nur geärgert haben. Dienstagabend in der Basler Kunsthalle brachte Fredi den drei Mitherausgebern das Buch sozusagen ofenfrisch zum Z’Nacht. Alle waren zufrieden. Nichts vergessen. Ungewöhnlich ansprechende Titelseite. Wir hatten uns den kulinarischen Aufstieg vom Bahnhofbuffet, in dem das gemeinsame Vorwort entstand, in den gediegenen, nicht weiss betuchten Teil der Kunsthalle verdient. Und ich traf mit Mathias F. einen alten bekannten und trotz seinem sehr pragmatisch-vorsichtigen sozialdemokratischen Selbstverständnis von mir seit 30 Jahren geachteten Basler Sozialdemokraten, dem ich von unserer kleinen Realotopie, einem Bundesrat ohne die SVP, beinahe nicht zu berichten wagte. Natürlich tat ich es. Und er tadelte mich nicht nur nicht, sondern sagte bloss ganz trocken, da kämen wir aber zum genau richtigen Moment, viele in der politischen Mitte hätten langsam aber sicher genug von diesen Herrschaften ... Am Mittwoch wartete ich vergeblich auf die drei Paletten mit den Büchern – sie kamen erst am folgenden Tag. Dafür hatten wir abends in Aarau im trauten Kreis der Buchhandlung Goldenes Kalb eine kleine, aber feine Buchvernissage, die dazu führte, dass die Mittellandzeitung aus dem Aargau am Samstag eine der gelungensten Buchbesprechungen des ganzen Landes brachte – keine Selbstverständlichkeit für ein SVP-Country. Der Donnerstag gehörte ganz Zürich. Ein Buchbotenreise über mehr als ein Dutzend Etappen für Redaktoren, Zeitungen, Buchhandlungen, Parteisekretariate, mit einem herzlichen Coppi-Mittagessen mit der neuen TA-Media-Mitarbeiterin Anina G. und einem ebenso schönen Kunsthaus-Abendessen mit Martin und einer gelungenen Neumarkt-Europa-Diskussion mit Roger de Weck und den ersten acht verkauften Büchern zum Abschluss (Siehe Diskussionsprotokoll umstehend). Am Freitag schleppten wir zehn zehner Buch-Schachteln an die Pressekonferenz im Bundesberner Medienhaus. Die PK vor Schweizer Fahnen gelang sehr gut, etwa 25 Medienschaffende waren anwesend. Radio und TV der Romands machten Interviews zu einem Buch auf deutsch; die Deutschweizer SRG-Medien schwiegen auf allen Frequenzen. Wir hielten uns kurz und präzis und sonnig und waren zufrieden. Der Höhepunkt folgte aber am frühen Abend oberhalb von Biel, auf der Strasse hinauf zur Tubenlochschlucht – alle drei Buch-Mitherausgeber waren Zeugen. Vor uns ein neuer grosser Offroad-BMW mit Walliser Kennzeichen und einem Darbellay-Wahlkleber neben dem Nummernschild auf der Hecktüre. Das kann doch nicht wahr sein, fragte ich laut, macht etwa der Darbellay unterwegs für sich selber Werbung, wo man doch ausserhalb des Wallis zwar CVP, aber nicht ihn persönlich wählen kann? Da die Autokolonne des Rotlichtes wegen anhalten musste, sprang ich schnell hinaus, lief nach vorne und schaute mir den BMW-Fahrer aus der Nähe an. Tatsächlich, es war der CVP-Parteipräsident himself, gemütlich im Sessel liegend und über Ohrstöpsel telefonierend. Freudige Begrüssung mit Hinweis, wir hätten das neue Buch, zu dem er nach einigem Bauchgrimmen acht email-Antworten beigesteuert hat. Die Autokolonne setzte sich wieder in Bewegung, ich hetzte ins eigene Auto zurück, wir fuhren 100 Meter, glücklicherweise zeigte die Ampel schon wieder rot, ich griff nach hinten zu einem Buch, rannte wieder hinaus und nach vorne, und übergab dem Christoph Darbellay portofrei direkt ins Auto, statt nach Hause geliefert, eines der ihm zustehenden Beleg-Exemplare. Hoffentlich liest er es und nimmt sich den Inhalt etwas zu Herzen bis ich ihm in zwei Wochen, zu Beginn der Herbstsession, auch die restlichen vier Buchexemplare aufs Pult legen werde. Am Abend trafen sich mit neben den Herausgebern mit Hans, Beat, Martin, Dominik, Adi und Jürg fast ein Dutzend der Buchmacher in St-Ursanne zu einem fröhlichen aufgeweckten Umtrunk mit Jura-Würsten, Jura-Käse sowie Elsässer und Bordeaux-Weinen. Schade, dass Möchtegern-Atelier-Besucher Frenkel nicht auch erschien, er hätte sich gewiss eines besseren belehren lassen. Und am Samstagmorgen verkaufte der St-Ursanner Zeitungshändler schon vor der Post und eine Stunde vor Ladenöffnung fast so viele Zeitungen wie sonst den ganzen Tag nicht. Kritische Bilanz der Kritik: Durchzogen bis gut. Am positivsten überraschte uns neben den Aargauern wieder einmal die sachliche und faire NZZ, am Sonntag für einmal auch die Sonntagszeitung, während BaZ und Bund mühsam mehr telefonierten statt lasen und reflektierten. Jean-Martin im TA war die Vermisstmeldung seines Briger Lieblings-Sozialdemokraten nach 330 Seiten von 40 Autoren das wichtigste und den Aufhänger seiner dürren Besprechung wert. Ich sei publikationsfreudig schrieb er auch noch und seither beschäftigt mich die Frage, ob dies heutzutage in der Schweizer Politik ein Lob ist oder als Kritik gemeint ist. Als ob die Tatsache, dass ein Musikkritiker wie Büttner Tausende von CDs sein Eigen nennt und gewiss auch abspielt besonders erwähnenswert wäre ... Oder dürfen noch nur jene schreiben, denen man das Handeln, eine der wichtigsten Quellen von Erfahrungen und Erkenntnissen, abgewöhnt hat? Damit Journalisten mit Recht weiterhin die mangelnde intellektuelle Qualität vieler Handelnder beklagen können? Toll der Bericht von François Nussbaum in der Freiburger Liberté und diesmal vor allem im L’Impartial aus La Chaux-de-Fonds. Grossen Dank. The way democrats should react on Prime Ministers Erdogan’s 47%-victory Letter to Globe and Mail, Canada BC Comment to Ayse Heinbecker in GaM/July28 Dear Sir, With all due respect, I think Ayse Heinbecker’s «mourning for the death of an idea» (The Globe and Mail, July 28, A15) isn’t the way democrats should react on Prime Ministers Erdogan’s AKP 47%-victory in the last elections in Turkey a week ago, if they want to get a complex reality right. I was observing these elections as a member of the delegation of the “Parliamentary Assembly of the Council of Europe” (PACE). The PACE is the watchdog for Human Rights, Democracy and the Rule of Law in Europe and assembles MP’s of 47 European States with Canada as an active observer country. I was deployed to the southeast city of Dijarbakir, where many Kurds live; they elected six AKP-members and four independent, Kurdish MP’s as their representatives to the Great National Assembly in Ankara. I think Mrs. Heinbecker makes a mistake, when she labels the AKP as an «Islamist party». Of course the AKP and Mr. Erdogan himself have Islamist roots. But is the Republican Party in the US a Christian-fundamentalist Party because they include some fundamentalist evangelicals as President Bush? In the last four years in power the AKP did more for the strengthening of democracy, the respect of Human Rights and the implementation of the Rulings of the European Court of Human Rights in Strasbourg in Turkey than all the former so called secular governments during the 20 years before. I witnessed this change of Turkish policies as a Swiss MP in the PACE very clearly. Democracy is not the product of secularism, but a secular state is one element of a democratic polity. As well as in a democracy popular sovereignty is the only source of legitimate political power to which any army has to submit itself - a rule the Ataturk regime failed to respect and which had to be reminded to the Turkish generals before and after the elections by Mr. Erdogan in words which clarity have been unachieved by Turkish politicians in recent years. In the election campaign the AKP has been the only party, which defended the basic European values as Democracy, Human Rights and the Rule of law - their competitors tried to over beat each other in nationalistic, anti-western and Anti-EU attitudes, and criticized even the invitation of the PACE-Delegation to observe and asses the elections by Foreign Minister Gül - an openness opposition parties all over the world normally would welcome! AKP is a party which defends economic liberalism and the integration in the global markets and tries to combine this in a rare way with social care for those who can not compete on the markets and with a respect to the European core political values and traditional cultural achievements in the Turkish society as far as they do not put into question basic Human Rights. As a concrete expression of such a policy you may consider the AKP legislation which offers financial incentives to all poor mothers who vaccinate their children in the first years after they have been born and are willing to send them to the primary schools - a program from which today millions of mothers and even more children benefit. In doing so AKP and Erdogan are offering a lesson. Many politicians all over the world may consider: You can not impose modernization by force and upside down or from outside powers and oppose it to cultural traditions as long they do not put into question Human Rights. You have to link one with the other and create conditions for collective social learning processes where the fruits of such endogen modernizations (Freedom, Democracy, Justice and a fair distribution of life chances) might be understood as an own achievement and not as the will of a foreign driven elite which uses violence to realize its interests. I am pretty sure that Mrs. Heinbecker will see in the future, that Erdogans policy will not only oppose the Iranian model but might offer the world an example how to combine a European Democracy with all respect to Human Rights and a society which respects religious pluralism however a big majority of the people within this society are Muslim believers. It would be not only in Europe’s but in the interest of the whole world when this political effort would succeed. Andreas Gross, Swiss MP and political scientist, Zurich/Switzerland in these (holi)days in Whistler (BC). 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